06.06.2014

APP+RECHT: Datenschutz in Bayern und Luxemburg auf dem Prüfstand

Nachdem der Europäische Gerichtshof geurteilt hat, dass es aus Gründen des Datenschutzes ein „Recht auf Vergessen“ gibt, sieht sich der Suchmaschinenkonzern Google einer Flut von Löschungsanträgen ausgesetzt. Bereits 41.000 sollen davon bisher eingegangen sein. Fraglich ist, wie erfolgsversprechend diese Anträge sind.
Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat unterdessen 60 Apps überprüft und bemängelt deren Umgang mit Daten.

Die Fälle Ein Spanier klagte vor einiger Zeit gegen Google auf Entfernung eines Links von der Ergebnisliste. Nach Eingabe des Namens des Mannes lieferte Google einen fünfzehn Jahre alten Eintrag, der auf die Zwangsversteigerung seines Hauses hinwies. Der EuGH entschied nun, dass dem Kläger aus datenschutzrechtlichen Gründen ein „Recht zum Vergessen“ zustehe, das wiederum einen Löschungsanspruch gegen Google begründe. Das BayLDA hat mit 25 weiteren Datenschutzbehörden aus unterschiedlichen Ländern im Rahmen des „International Sweep Day 2014“ an der Überprüfung von 60 zufällig ausgewählten internationalen und bayerischen Apps teilgenommen. Dabei stellten die bayerischen Datenschützer fest, dass viele Apps ihren Nutzern lediglich mangelhafte Datenschutzinformationen liefern.

Die Entscheidungen Nach dem Urteil dürfen die ausgegebenen Ergebnisse der Google-Suche nicht mehr ungefiltert angezeigt werden. Teilweise war dies jedoch bereits vor dem Urteil gängige Praxis: Google ist etwa nach amerikanischem Recht dazu verpflichtet, Links zu Raubkopien zu entfernen, wenn die tatsächlichen Inhaber der Rechte dies verlangen.
Im Jahr 2013 wurde überdies bereits die bei der Eingabe des Suchbegriffs verwendete „Autovervollständigungs-Funktion“ durch ein Urteil eingeschränkt. Rufschädigende „Autocomplete-Begriffe“ müssen seitdem auf Antrag des Betroffenen gelöscht werden. Das neueste EuGH-Urteil kupiert nun die Ergebnisliste selbst, indem es den Betroffenen einen Anspruch auf Löschung der entsprechenden Links gibt.

Die Betreiber der bayerischen Apps müssen sich darauf einstellen, dass das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht Bußgelder gegen sie verhängt.

Das Problem Ein Löschungsanspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber ist auf den ersten Blick ein nützliches Werkzeug, um den Datenschutz im Netz zu fördern. Dies sollte jedoch nicht über die tatsächliche Reichweite der Entscheidung hinwegtäuschen. Während die Zahl der Anträge weiter steigt, ist noch gar nicht klar, wann und wie diese überhaupt bearbeitet werden sollen. Ein gerichtlicher Anspruch kommt ohnehin erst in Betracht, wenn der Suchmaschinenbetreiber die entsprechenden Links trotz einer Antragstellung nicht löscht. Zuletzt bleibt das Problem, dass sich der Anspruch lediglich gegen die Suchmaschinenbetreiber richtet; die eigentliche Quelle der Information bleibt weiterhin online.

Datenschutz gewinnt bei den Nutzern immer weiter an Bedeutung. Die Relevanz dieses Themas ist den meisten Entwicklern jedoch offenbar noch nicht bewusst. Grund dafür könnte sein, dass sich viele Entwickler an amerikanischen Apps orientieren. Deren Datenschutz entspricht häufig nicht dem deutschen Recht, obwohl es diesem - soweit die Apps in Deutschland angeboten werden - unterliegt. Deutsche App-Entwickler sind für die deutschen Behörden jedoch greifbarer.

Die Folgen Daten gänzlich aus dem Internet zu entfernen, gestaltet sich weiterhin schwierig. Zwar lassen sich mit Hilfe des EuGH-Urteils Ergebnisse aus Suchmaschinen entfernen - zumindest lässt sich dies beantragen. Jedoch muss ein solcher Antrag bei jeder einzelnen Suchmaschine gesondert gestellt und im Falle einer Ablehnung gerichtlich durchgesetzt werden. Auch dann bleiben die eigentlichen Daten inklusive der womöglich negativen Informationen im Netz verfügbar. Auch die räumliche Reichweite ist beschränkt. Denn Google löscht die Links nur in Europa; auf google.com bleiben die Ergebnisse hingegen weiter sichtbar. Google stellt sich deshalb darauf ein, dass es Grenzfälle geben wird, die zu weiteren Gerichtsverfahren führen könnten.

App-Entwickler sollten damit rechnen, dass neben der bayerischen auch die Datenschutzbehörden der anderen Bundesländer tätig werden. Defizite beim Datenschutz können dabei Anlass für eine Intensivierung der Prüfung geben. 
Schon bei der Konzeption sollten sich App-Entwickler daher an einen Anwalt wenden, um Konflikte mit dem Datenschutz zu verhindern.